Zauberhafte Elternschaft

Wenn man sich darum bemüht, kann der Zauber des Anfangs ein Leben lang anhalten.

Der Fokus machts

Was fällt euch ein, wenn ihr euch an die ersten Tage und Wochen mit euren Kleinen erinnert? Der erste Blick ins Gesicht dieses wundersamen kleinen Wesens? Die kleinste Hand, die man je gesehen hat und wie weich sie sich angefühlt hat? Oder eine Menge Geschrei, bergeweise unhandliche Windeln und viel zu wenig Schlaf?

Beides haben wir erlebt. Woran wir uns in erster Linie erinnern, entscheiden wir selbst. Es ist eine Frage des Fokus, den wir immer wieder neu ausrichten können. Entscheide ich mich dafür, an das Gute und wunderbare zu denken oder gebe ich dem Unangenehmen und Belastenden mehr Raum?

Silhouette eines Kopfes mit Gewitter im Kopf
Silhouette eines Kopfes mit Blumen und Pflanzen im Kopf

Es gibt unterschiedliche Erklärungsmodelle zur Frage, warum wir das eine oder das andere tun. Manche beziehen mehr unsere bisherigen Erfahrungen mit ein, andere stärker unsere aktuelle emotionale Verfassung. Ich denke, dass, wie bei so vielen Dingen, meist die Mitte am treffendsten ist. Je gestresster ich gerade bin, je mehr zum Beispiel Ängste einen Teil meiner Energie beanspruchen, umso eher ist unser Gehirn darauf ausgerichtet, mögliche Gefahren schnell zu erkennen und zu minimieren. Dazu gehört, dass ich alles, was ich nicht gut finde, besonders intensiv wahrnehme und gleichzeitig die positiven Sachen verstärkt ausblende, weil einfach nicht genug Ressourcen da sind, um alles zu verarbeiten und dann erst zu wählen. Je öfter so etwas schon passiert ist, umso eher bleiben wir in der angespannten Stimmung hängen und es kann lange in dieser Spirale weiter gehen. Daraus auszusteigen, erfordert eine bewusste Entscheidung, viel Energie und vor allem Ausdauer. Es ist wesentlich einfacher, wieder in bekannte Muster zu fallen, als sie durch neue zu ersetzen.

Aber es geht. Für jede*n von uns.

Auf der Autobahn zum Dauer-Frust

Warum aber ist mir das überhaupt so wichtig, euch zum Nachdenken über die emotionale Qualität eurer Erinnerungen anzuregen? Weil sie in vielen Fällen einen wesentlichen Einfluss auf eure aktuelle Befindlichkeit und auf die Beziehung zu euren Kindern haben. In weiterer Folge auch auf die Art, wie eure Kinder selbst ihre Kindheit erleben und auch abspeichern, aber eines nach dem anderen.

Es macht zum Beispiel einen Unterschied, ob ich mit meinen Vertrauten in erster Linie darüber spreche, wie furchtbar alles ist und immer war, oder ob wir uns oft lachend an die schönen Zeiten erinnern. Unser Gehirn geht gern gewohnte Wege. Wenn wir es ständig darauf trainieren, sich mit negativen Dingen zu beschäftigen, wird dieses Verhalten zur Norm und wird auch als erstes automatisch aktiviert. Somit wird es immer schwieriger, von dieser Betrachtungsweise wieder weg zu kommen. Das legt sich dann nach und nach über alles, was wir erleben. Wir bauen uns so zu sagen große Grießgram-Autobahnen in unsere Hirnstruktur, auf denen wir dann täglich unterwegs sind. Die angenehmen Dinge des Lebens werden derweil unsortiert irgendwo neben die verschlungenen Pfade des Datendschungels, in den abgelegenen Weiten unseres Gedächtnisses, abgelegt und geraten in Vergessenheit. Das ist schade. Weil dort gute Laune und Entspannung zu finden wären. Weil dort der Zauber versteckt ist, der das Leben wundervoll macht. Der Zauber, den sich viele auch für ihre Kinder wünschen.

Ein Mädchen mit weißen Kleid voll mit Farbe läuft in der Natur

Die Balance halten

Warum denn all der Aufwand, sich einzulesen, für Spiel, Spaß und Förderung zu sorgen und die ganze Zeit, die wir investieren? Weil es den Kindern gut gehen soll. Weil wir uns wünschen, dass sie eine rosige Zukunft erwartet und sie sich gern an eine sonnige Kindheit erinnern, voller Glückseligkeit.

Nun, ihr seht es vielleicht kommen.

Das wird schwierig, wenn wir Eltern selbst ein schlechtes Vorbild abgeben. Den Kindern schon in jungen Jahren zu lehren, dass wir immer die Wahl haben uns zu entscheiden, auf welche Seite der Medaille wir langfristig schauen wollen, ist ein großer Schritt zum Glück im Alltag.

Dabei geht es jetzt nicht darum, das Negative auszublenden, zu tun, als hätte es den Ärger, die Enttäuschungen und sinnlosen Streitigkeiten nicht gegeben. All das war da und wird auch immer wieder Teil des Lebens sein. Es will bearbeitet und verstanden werden, um lernen zu können und es sich künftig besser zu richten. Und dann will es abgelegt werden. An einem Pfad, der gut beschreitbar ist, aber nicht die erste und einzige Wahl. In einer Seitenstraße, die wir jederzeit besuchen können, ohne sich in ihr zu verlieren.

Zwei Mädchen in weißen Kleidern umarmen sich zärtlich
Der Hauptweg jedoch darf sich der Sonne zuwenden, darf Leichtigkeit und Offenheit bereithalten mit Raum für alles, was da kommt, in der Gewissheit, dass ich schon viel Gutes erlebt habe und auch noch viel Schönes auf mich wartet.
Ihr habt jeden Tag die Möglichkeit, euer Straßensystem neu zu bewerten und mit einer Umstrukturierung zu beginnen. Fangt an, bleibt ausdauernd. Auch Rom wird nicht an einem Tag umgebaut.
Eva
Eva
Mutter, Psychologin, spielverliebt und im Herzen Naturwissenschaftlerin, die immer alles noch ein bisschen genauer wissen will.
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