Kalaha

Lernen im und am Prozess

Die Kombination aus Einfachheit der Grundlagen und Komplexität der Möglichkeiten hat mich von Anfang an fasziniert. Wenn man, so wie bei uns daheim, niemanden kennt, der Kalaha (oder eine andere Version von Mankala) bereits spielt, darf man sich nach und nach selbst an all die Feinheiten herantasten, die es bereithält. So vergehen jedes Mal mehrere Partien, bevor man wieder auf eine neue Variante kommt, wie man sich die bunten Steinchen holen kann. Das ist spannend und formt den Geist, weil es so viele Möglichkeiten gibt, die sich aber erst durch häufiges Spielen erschließen. So geschieht es manchmal, dass einem ein kurios großartiger Zug passiert, ohne dass er geplant war. Diese Serendipität zu erleben beschert einem nicht nur das gute Gefühl, zu sehen, dass es sich lohnt, intensiv an einer Sache dranzubleiben. Sie zeigt auch, dass das Ungeplante sehr wertvoll sein kann, wenn man den Geist offen hält, um es in seiner Gesamtheit wahrzunehmen und nicht nur als störend zu empfinden.

Weingebiet mit Fluss und Boot im Herbst
Ein anderes Mal kassiert der 7-Jährige gegenüber plötzlich mit einem Move, auf den man selbst noch gar nicht gekommen wäre, 10 Steinchen ein. Dann gilt es erstmal zu analysieren, wie das ging und wie es sein konnte, dass man das nicht kommen sah.

Ein Plädoyer für Strategiespiele

Kind beobachtet Maedchen beim Zeichnen Solche Prozesse sind ein Teil dessen, was das Spiel sehr wertvoll macht. Kinder und auch Erwachsene sind hier konsequent gefordert. Einerseits, um das umzusetzen, was ich über das Spiel schon weiß, und andererseits, um mir daraus neue Optionen selbst auszudenken. Dabei ist ständige Konzentration gefragt, auf das, was beim gegnerischen Zug passiert. Während ich mir meinen eigenen überlege, muss ich auch schon bedenken, was auf der anderen Seite wohl gerade in Arbeit ist. Das ist eine schöne Parallele zum Leben im Allgemeinen. Ich kann mir eine Aktion noch so schön ausgemalt haben, oft grätschen mir die Umstände oder auch die Umstehenden hinein und es wird nichts draus, weil ich wichtige Faktoren nicht ausreichend bedacht hatte. Es macht also Sinn, das zu üben, und in Spielen lässt sich das besonders gut umsetzen. Da wird schnell sichtbar, warum es wichtig ist, vorausschauend zu planen und zu handeln. Gleichzeitig darf man dabei auch lernen, damit umzugehen, dass man nicht immer alles vorhersehen kann. Die meisten von uns haben nun mal keine Glaskugel daheim, die uns die Zukunft zeigt, und in den Menschen, der mir gegenüber sitzt, kann man nicht hineinsehen. Wenn man aber öfter spielt und sehr aufmerksam ist, kriegt man ein Gefühl für die Art und Weise, wie jemand grundsätzlich agiert. Wieder sehr lehrreich fürs ganze Leben – man sieht, dass es Sinn macht, in das Beobachten und Abspeichern, sowie Verknüpfen von Informationen Zeit zu investieren.

Zurück zur Simplizität

Das klingt jetzt alles super kompliziert und zu Beginn hieß es doch, das Spiel sei simpel aufgebaut. Ist es auch. Daher, und weil ich das Spiel so wertvoll und fördernd finde, ist es mir auch wichtig, darauf nochmal gezielt hinzuweisen. Dieses Spiel ist alt, das wurde schon quer über die ganze Welt gespielt, mit wechselnden Namen und mit unterschiedlichen Hilfsmitteln. Klassisch würde man sich einfach auf den Boden setzen, ein paar Mulden machen und mit Steinchen oder Bohnen loslegen. Das geht natürlich auch heute noch, wenn man zum Beispiel eine Sandkiste hat oder im Park unter einem großen Baum spielt, wo kein Gras mehr wächst. Auch für drinnen kann sich jede*r selbst ganz schnell sein/ihr eigenes Spielareal richten.
selbstgebastelte Kalaha Spielsets
Ob mit Linsen, Nüssen oder Perlen, für den Spaß, die wertvolle gemeinsame Zeit und den Effekt des denksportlichen Trainings macht das keinen Unterschied. Ich hab mich halt nachhaltig verliebt in das Spiel und da bin ich dann Fan von schönen, langlebigen Ausführungen wie der unsrigen Kalaha. Wenn ich mir die nicht leisten kann oder will, soll mich das aber nicht vom Spielen abhalten. Baut euch euer eigenes „Brett“, eine Variante der Spielregeln findet ihr zum Beispiel hier.

Ein gutes Spiel ist keine Frage des Geldes.
Das Wertvollste daran sind immer die gemeinsame Zeit und die angestoßenen Denkprozesse.

Eva
Eva
Mutter, Psychologin, spielverliebt und im Herzen Naturwissenschaftlerin, die immer alles noch ein bisschen genauer wissen will.
Inhalt