Bücher für alle Lebenslagen

Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.

Wenn das mal alles so einfach wär

Die Kinder streiten dauernd und dann weiß die gute Freundin Rat: Da gäbe es so ein Buch. Da würde das voll schön gezeigt, wie toll es ist zusammenzuhalten, statt zu streiten. Öhm ja, okay, cool. Und irgendwo bleibt trotzdem die Frage: Bringt das was? Also, bringt das wirklich etwas? Die streiten seit quasi immer, treiben sich und uns damit an die Grenzen des Aushaltbaren und dann sollen da Bücher die Lösung sein?

Naja, ganz so einfach ist das nicht, auch wenn es fein wäre und uns von diversen Feel-Good-Movies so gezeigt wird. Es passt aber zur aktuell oft erlebten Haltung, dass sich alles irgendwie schnell lösen ließe, wenn man nur genau weiß wie. An jeder Ecke warten Profis, die genau Bescheid wissen, wie sich dein Problem lösen lässt, und das auch noch schnell und günstig, versteht sich. Es ist aber sehr selten, dass ein einzelnes Event, eine einzelne Intervention alles zum Besseren wendet.

Ein gutes Buch kann ein Teil der Lösung sein. In einem großen Gesamtkonzept, das auf langfristige Wirkung ausgelegt ist, kann es ein Steinchen sein, das den Weg ebnet, und davon braucht man viele, wenn er tragfähig sein soll.

Kind lernt Puzzle spielen

Grundlagen für Veränderung

Viele Menschen wünschen sich Veränderung und einem recht großen Anteil davon würde eine solche tatsächlich sehr gut tun. Zu den Gewinner*innen dürfen sich zu Beginn schonmal alle zählen, die verstanden haben, dass man nur sich selbst ändern kann und nicht die anderen.

Halt mal, stopp! Wie, die anderen nicht ändern? Ich dachte, es geht hier darum, wie ich das Verhalten meiner Kinder ändern kann?!

Ja, richtig erkannt. Hier beißt sich was. Ein bestimmtes Verhalten aktiv ändern, das kann nur die Person selbst, solange ich keine Gewalt anwende, und hier ist sowohl physische als auch psychische gemeint. Unser Wesen, unser Handlungsrepertoire wird geprägt von allem, was wir im Laufe unseres Lebens erleben, das ist ein so komplexer Vorgang, dass es der Wissenschaft auch nach vielen Jahrzehnten der Forschung nicht gelungen ist, genaue „Wenn A, dann B“-Abläufe festzulegen. Man kann nicht sagen: Alle Kinder, denen nur nette Bücher vorgelesen wurden, werden nett sein. Weil das nicht weit genug greift. Man kann auch nicht sagen: Alle Kinder, die daheim viel Streit erleben, werden selbst ein konfliktreiches Leben führen. Man kann nicht vorhersehen, welche Faktoren noch eine Rolle spielen und wofür sich dieses verletzliche kleine Wesen letztlich entscheidet.

Schulkinder in einer Klasse verdecken ihr Gesicht mit einem Fragezeichen
Was ich aber tun kann, ist meinem Gegenüber immer wieder ein neues Angebot zu machen, eine neue Handlungsalternative zu ermöglichen. Ob er/sie das dann auch für eine gute Idee hält, hängt meist davon ab, wie verlockend mein Angebot ist und inwiefern es auf der anderen Verhandlungsseite in den Bereich des Wünschenswerten fällt. Wenn ich also „nur“ ein Buch herzeige, wird das noch wenig Wirkung haben. Weil, ja eh nett, wenn die sich gut verstehen und es ist schön gezeichnet und alles. Dass das etwas mit ihnen zu tun haben könnte, werden die Kinder vielleicht sogar verstehen, wenn man es bespricht. Dass aber dann in der nächsten Konfliktsituation einer der Parteien die neue Handlungsalternative einfällt, dazu braucht es mehr. Dazu braucht es als Basis erstmal eine Idee davon, dass es Sinn macht, meine Grundhaltung zu ändern. Nämlich dass Kooperation ganz insgesamt mehr wert ist als Konkurrenz und Trennung von Eigentum.
Eine Gruppe von Freunden halten ihre Hände zusammen Ihr seht schon, große Worte. Die stehen immer dahinter, wenn man auf die Metaebene wechselt und sich ansieht, worum es denn nun eigentlich geht. Denn es geht ja nie nur um den einen Stift, den jetzt unbedingt gerade beide haben müssen, oder die (vielleicht gar nicht so gemeinte) Beleidigung, die gesagt und/oder gehört wurde.

Die Mischung machts

Mutter und Tochter streiten zuhause Wie also kann man versuchen, diese Grundhaltung in eine gute Richtung zu lenken? Über viele kleine Einheiten. Es bleibt aus meiner Sicht – wie überall – dabei, dass das Vorbild den größten Einfluss hat. Ich kann den Kindern eine ganze Bibliothek mit netten Büchern vollmachen, ihnen ausnahmslos kooperative Spiele anbieten und sie immer wieder darauf hinweisen, dass sie Teamplayer und keine Konkurrent*innen sind. Wenn sie mich aber gleichzeitig dabei beobachten, wie ich mich laufend über andere beschwere und selten ein gutes Wort über andere verliere. Wenn sie täglich erleben, dass ich wegen jeder Kleinigkeit zu diskutieren anfange und mich selten kooperativ oder nachgiebig zeige. Wenn ich von der Arbeit nur die Konflikte mit heimbringe anstatt über den Teil meiner Tätigkeit zu berichten, den ich sinnvoll finde. Wenn sie ständig in ihrem Verhalten kritisiert werden, wenn nicht genau meinen Regeln (die ich ja gut meine) gefolgt wird. Nun, dann werden die netten Bücher von den Kindern gedanklich in das Phantasie-Regal gestellt, denn was sie erleben, stellt die greifbare Realität dar.
Konflikte sind Lebensrealität, weil wir eben alle etwas anderes wollen. Im Idealfall sind die Wünsche derer, mit denen ich mich häufig umgebe, den meinen ähnlich. Tatsächlich taucht aber der andere Fall weit häufiger auf. Da muss sich dann jemand zurücknehmen, damit das klappt. So brauchen wir alle, für eine gesunde Konfliktbewältigung viele kleine Teile. Zu wissen, wo meine Grenzen sind, ist sehr wichtig. Was brauche ich unbedingt und von welchen Wünschen kann ich ablassen, damit das Gesamtergebnis passt? Zu wissen, was passiert, wenn ich die Grenzen meines Gegenübers überschreite. Ist mir die Erfüllung meines aktuellen Wunsches eine Verletzung der/des anderen wert? Handlungsalternativen zu kennen. Welche Möglichkeiten gibt es, aufeinander zuzugehen? Wie kann ich jemanden auf nette Weise davon überzeugen, dass er mir mehr entgegenkommt?
Eine Mutter ließt mit ihren zwei Kindern ein Buch unter einer Bettdecke All das sind Dinge, dich ich den Kindern nach und nach beibringen kann. Durch Taten, durch Worte und durch Input von außen, wie eben in Form von Büchern. Weil die optische Komponente oft hilfreich ist, weil es Sinn macht, zu sehen, wie jemand anderes das löst, und weil ich mit einem Buch, das ich mag, gute Emotionen verbinde, die mich besser lernen lassen.
Gesunde, nachhaltige Veränderung braucht Zeit und einen gut vorbereiteten Boden, auf dem sie Halt finden und wachsen kann. Fangt bei euch selbst an. Es ist gut investierte Zeit, daran zu arbeiten, ein gutes Vorbild zu sein und sich mit dem eigenen Handeln wohlzufühlen.
Kleiner Sohn hilft Vater beim Einpflanzen eines Baumsetzlings im Garten
Eva
Eva
Mutter, Psychologin, spielverliebt und im Herzen Naturwissenschaftlerin, die immer alles noch ein bisschen genauer wissen will.
Inhalt